Resas Parcours (2020)

Kunstspaziergang

Stadt Basel
April – Mai 2020

Resas Parcours ist ein Projekt, welches vom Kollektiv Schleuse während des Lockdowns im April 2020 entwickelt wurde. Anstelle von der abgesagten Ausstellung Bahnbrechende Innovation 1.0 im Kasko verlegte die Gruppe ihr gemeinsames Projekt direkt zum Publikum in den öffentlichen Raum.

Ein Spaziergang führte Besuchende allein oder in kleinen Gruppen durch die Strassen von Basel. An acht Posten erzählte sich die Geschichte von der Raupe Resa, welche sich von guten Ideen ernährt. Besuchende sahen, hörten, lasen und konnten über verschiedene Wege selber aktiv werden.

Beitrag von RadioX

Posten 1

Aus der Richtung der Holzpaletten ist eine Stimme zu hören:
«Es war einmal eine Raupe namens Resa. Resa wohnte nicht wie andere Raupen auf Wiesen und in Sträuchern, sondern bewegte sich immerzu auf Teerstrassen, Pflastersteinen, Hauswänden und Randsteinen fort.»

Bestückt mit Couvert samt Notizpapier und Stift gehts auf zum nächsten Punkt auf der Karte.

Posten 2

Da bewegt sich im Kellerfenster was! Ganz tief unten windet sich eine winzige Raupe auf und ab. Auf dem Schild steht der nächste Abschnitt der Geschichte geschrieben:

«Die Raupe Resa war eine sehr kleine Raupe; es kam sehr selten vor, dass ein Mensch sie entdeckte. Und wenn ihr doch mal Beachtung geschenkt wurde, dann meist von einem Kind. Bei diesen seltenen Gelegenheiten – Resa genoss diese Aufmerksamkeit immer sehr, tief im Innern war sie eine kleine Rampensau – wurde sie dann in den nächsten Garten oder auf den nächsten Rasen gerettet.»

Posten 3

«Wenn die Raupe ins Grüne gebracht wurde, war das eher blöd. Denn Resa ernährte sich nicht von Blättern, sondern von Gesprächsfetzen, die Resa beim langsamen Kriechen über die Hauswände aufschnappte. Es waren aber nicht alle Gesprächsfetzen gleich nahrhaft. Nur wenn die Raupe richtig guten Ideen lauschen konnte, wurde sie auch satt.»

Wer spricht denn da? Es sind Gespräche hörbar. Einmal lustvoll über die Idee, einen Heissluftballon durch Rauch zum Fliegen zu bringen. Die spinnen. Was, so ist der Heissluftballon erfunden worden? Das andere Mal wird über Quantenphysik geredet. Ui das ist kompliziert und langweilig. Im Briefkasten liegt ein Papier, es scheint um Ideen zu gehen. Und um Dilettantismus, also darum, Dinge unprofessionell zu tun. Aber – aha – dennoch gar nicht schlecht? Oder gar noch besser? Auf der Rückseite gibt es ein Formular zum ausfüllen. Was mache ich denn gerne? Was mache ich professionell? Und welche Probleme stellen sich mir in meinem Beruf? Ich fülle meine Angaben aus und das Couvert, welches mich auf dem Spaziergang begleitet, beginnt sich zu füllen.

Posten 4

Hungrig schleicht Resa aus dem Fenster im dritten Stock die Hausfassade herunter. Füttere sie mit einem nahrhaften Wortfetzen per Whatsapp oder Telegram.

«Resa wusste genau, wo in der Stadt die besten Leckerbissen zu hören waren. Natürlich war das oft auch Zufall und nicht selten musste Resa Kletterkünste einsetzen, um zum Beispiel durch ein gekipptes Fenster horchen zu können oder von einem Strassenlaternenpfahl auf Gesichtshöhe der Menschen zu sein. Aber Resa wusste nicht nur wo sie die besten Chancen hatte, sich den Bauch vollzuschlagen, Resa wusste auch genau das Rezept einer richtig, richtig guten Idee.»

Posten 5

«Gerade aber hatte Resa einer ganz faden Idee gehorcht und der öde Nachgeschmack brannte ihr noch in den Ohren. Genervt hastete die kleine Raupe die Glasfassade wieder runter. Wenn die Menschen selbst denken, sie hätten eine richtig gute Idee, diese sich aber im immer gleichen Spektrum bewegte, nichts Neues, Aufregendes, Überraschendes in sich trug – das waren die enttäuschendsten Speisen. Resa ärgerte sich grausam über diese Ideen, die sich selbst als besonders innovativ, sensationell und ausserordentlich bezeichneten, sich aber in Wirklichkeit nichts trauten.»

Und wer kennt diese faden Ideen schon nicht – hier kannst du Resa erzählen von welchen Innovationen du schon Bauchschmerzen oder Gähnmundfalten bekommen hast.

Posten 6

«Denn gute Ideen brauchen Mut. Nur, wer seine Angst vor Veränderung und der Zukunft, die diese Veränderung bringt, überwinden kann, kann richtig gute Ideen zubereiten. Die Köchin oder der Koch muss bereit sein, alles auf den Kopf zu stellen. Alles, was im Kopf fest verankert war, weil es eben immer so war, muss hinterfragt und gegebenenfalls verabschiedet werden.»

Mut hat immer etwas mit Risiko zu tun: mensch überwindet die Angst eines möglichen Schadens, im Glauben, dass jene Tat ihn/sie entscheidend weiter bringen wird. Gegen Ende des Parcours kommt es bei unserer Protagonistin zur Umsetzung der schmackhaften Ideen die sie gesammelt hat. Sich von einem Sprungbrett auf den Asphalt zu stürzen, scheint absolut verrückt: doch spinnen ist ja immerhin das, was Raupen üblicherweise so tun. Resa emanzipiert sich durch ihren mutigen Sprung in einen bunten Schmetterling, was ihr nicht nur ein flaches Ende erspart. Gerade wegen ihrer mutigen Entscheidung wird ihre evolutive Vision erst möglich.

Posten 7

Lecker sind nicht nur Ideen sondern auch die kleinen, raupenartigen Hülsenfrüchte, genauer Erdnüsse. Diese finden sich im Briefkasten am letzten Posten. Doch ist das trockene, braune Cocon erstmal aufgebrochen findet sich neben einer Nuss auch noch ein Zettelchen mit einer Telefonnummer drauf. Wird dort angerufen nimmt Resa zwar nicht ab aber der letzte Teil ihrer Geschichte ist auf der Combox zu hören.

«Denn – und das ist das Schöne, das Leckere an Ideen: Sie verpflichten erstmal zu nichts; sie sind vorerst nur Möglichkeiten. Sie können dann ausprobiert, auf Probe gestellt und geteilt werden. Und diesen Moment liebt Resa, denn davon wird die kleine Raupe pappsatt.»

Standort A

Auf einem Spaziergang durch die Markircherstrasse hörte Resa bereits von Weitem ungewohnte Klänge. Je nach Tageszeit, Wetter und Stimmung klang die Musik anders. Doch jedes Mal war Resa fasziniert, wie nicht nur Worte sondern auch Töne den Hunger nach neuen Ideen stillen können und inspirieren.
Manchmal sind die Musizierenden etwas schüchtern, doch wenn Resa zweimal klingelt, freuen sie sich, ihre Musik zu teilen.